Synopsis



Im April 1945 flüchtet der 15-jährige Helmut Böhm vor der herannahenden Roten Armee aus Brünn in Richtung Westen. Ihm an die Hand gegeben ist sein erst zweijähriger Bruder Werner. Erstes Zwischenziel ihrer Flucht ist Attnang-Puchheim im damaligen Oberdonau, wo entfernte Verwandte der Brüder leben.

Im Zentrum Attnang-Puchheims liegt der Bahnhof, über den die so genannte Alpenfestung, an deren reale Existenz die Alliierten bis Kriegsende glauben, mit der Westbahnstrecke verbunden ist. Über den Knotenpunkt werden ab 1943 auch Güter für die Produktion von V2-Raketen nach Redl-Zipf transportiert, denn dort hat man einen Triebwerksprüfstand und eine Anlage zur Herstellung von flüssigem Sauerstoff errichtet. Zur Verschleierung werden heikle Transporte nicht mit ihren wahren Zielorten gekennzeichnet, sondern mit „Attnang-Puchheim“ adressiert.

Kurz nachdem die Brüder Helmut und Werner Böhm in Attnang-Puchheim eintreffen, bricht am 21. April 1945 eines der verheerendsten Bombardements des gesamten Luftkriegs über das oberösterreichische Dorf herein. Der Angriff von 300 Flugzeugen, die mehr als 600 Tonnen Bomben auf den Ort abwerfen, tötet 13 Prozent der Bevölkerung und zerstört einen Großteil der Gebäude. Viele der Menschen, die am Bahnhof sterben, können nie identifiziert werden.

Das erlittene Trauma treibt Helmut Böhm zu einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Bombardement. Über Jahrzehnte hinweg erforscht er Hintergründe und Folgen des Angriffs und wird durch seine Arbeit zu einem bedeutenden und vielzitierten Zeithistoriker. Auch sein Bruder Werner und viele weitere Zeitzeugen, die damals noch Kinder waren, erinnern sich bis heute an Verwebungen des Bombenangriffs mit den Begebenheiten ihres alltäglichen Lebens. Sie erzählen von glühenden NationalsozialistInnen und WiderstandskämpferInnen, vom Schicksal der Häftlinge aus dem Konzentrationslager Ebensee, die am Bahnhof Attnang-Puchheim zur Arbeit gezwungen wurden, und letztlich auch von den erst nach und nach zutage tretenden Fakten des Angriffs selbst.

So findet Helmut Böhm heraus, dass die aus Italien kommenden Bomber der 15.US-Luftflotte ursprünglich nicht Attnang-Puchheim, sondern die Brenner-Eisenbahnstrecke großflächig zerstören hätten sollen. Wegen einer Schlechtwetterfront werden die Flugzeuge erst zum Ersatzziel Nr 1, nach Rosenheim, schließlich jedoch nach Attnang-Puchheim umdirigiert, zu ihrem Ersatzziel Nr 2, für das die Schlagkraft der Verbände nun aber vielfach überdimensioniert ist.


Zugleich startet auch die in Frankreich und Belgien stationierte 9. US-Luftflotte einen Angriff auf den oberösterreichischen Ort. Für sie ist Attnang-Puchheim Primärziel. Die beiden anfliegenden Verbände wissen nichts voneinander und treffen  – zu ihrem eigenen Erschrecken – über Attnang-Puchheim aufeinander. Der Angriff gerät zum Chaos: Weniger als die 40 Prozent der abgeworfenen Bomben treffen ihr eigentliches Ziel, den Bahnhof, die überwiegende Mehrheit der Bomben geht auf Wohngebiete nieder.

Nur zwei Wochen nach dem verheerenden Angriff endet der Krieg mit dem Einzug US-amerikanischer Truppen. Der Wiederaufbau Attnang-Puchheims dauert Jahrzehnte.


Der Dokumentarfilm „An einem Tag im April – Ein Dorf im Fadenkreuz der Alliierten“ erzählt von den Dynamiken, die durch die Bombardierung eines Orts in Gang gesetzt werden, von einem Kriegsereignis, das in seiner Verkettung tragischer Zufälle seinesgleichen sucht und vom daraus hervorgegangenen kollektiven Trauma, das in den nachfolgenden Generationen bis heute wirkt.

Produktion, Regie und Schnitt: Robert Breber, aea

Kamera: Mario Hengster
Buch: Andreas Kurz
Redaktion: Eva Kurz
Musik: David Six
Mitarbeit: Monika Müller
Archivrecherche Washington: Donald Mounts
Historische Beratung: Helmut F. Böhm
Sprecherin: Angelika Lang